new environments of mobility

Radfahren macht Spaß!

Les Jordan

Architekt


Wie bist Du heute in die Arbeit gekommen?
Mit dem Fahrrad. Ich wohne am Stadtrand von Wien, 13 km vom Büro entfernt, 45 Minuten Fahrzeit mit dem Rad, meinem bevorzugten Transportmittel.  Es macht Spaß und ist ein guter Ausgleich zu meinem Beruf als Architekt, da ich meistens den ganzen Tag über vor dem Computer sitze, außerdem bin ich schneller als mit den öffentlichen
Verkehrsmitteln.

In welchem Bereich bist du als Architekt tätig?
Ich arbeite seit 9 Jahren im Büro ostertag ARCHITECTS und bin vorwiegend in der Bahnhofsplanung tätig – das reicht von Randbahnsteigen in kleineren Gemeinden bis zu großen Bahnhöfen mit Inselbahnsteigen, überdachten Vorplätzen, Bike& Ride und Park&Ride, wo wir für die Gesamtplanung verantwortlich sind. Diese Planungen entwickeln wir in enger Abstimmung mit den ÖBB.

Kannst du deine Erfahrungen als Radfahrer in die Planung einfließen lassen?
Ja absolut, zu meinen Arbeiten zählt die Planung von Bike&Ride Anlagen und deren Verknüpfung mit der Station. Dabei versuche ich immer auch aus der Sicht des Radfahrers auf optimale Raumnutzung, kurze Wegstrecken und klare Lesbarkeit zu achten. Wenn man so lange und
intensive Erfahrung als Radfahrer hat wie ich, kann man viel
Detail-Wissen einbringen. Das Fahrrad hat stark an Attraktivität gewonnen und ist ein Key-Element bei der Planung von intermodalen Verkehrsstationen, d.h. es muss Raum und Ausstattung dafür geschaffen  werden: E-Bike Stationen mit Stromanschluss, doppelstöckige Fahrradboxen, Überdachungen, Fahrradwege…. und die Kapazitäten müssen immer 20 Jahre voraus projektiert werden.

Wie werden Verkehrsstationen in der Zukunft aussehen?
Ich denke, dass zunehmend Abläufe automatisiert und individualisiert werden. Sobald man eine Station erreicht, bekommt man via Handy oder Tablet, Informationen über weitere Reiseoptionen, die aktuell zur Auswahl stehen, Ticketkauf, Leih-und Sharing-Optionen für Fahrrad, Elektromoped oder Auto und vieles mehr. Systeme, die schnelles Auswählen, Zahlen und Weiterfahren ermöglichen. Die Aufgabe der
Architektur ist es, dieser individualisierten Mobilität eine physische Plattform zu geben.

Durch zunehmende Automatisierung wird das Reisen also einfacher, braucht es dann noch Personal an den Stationen, das im Falle eines Problems weiterhelfen könnte?
In kleinen Stationen ist Personal, kaum notwendig, auf großen Verkehrsknotenpunkten benötigen die Menschen Support. Natürlich fände ich es angenehm und einladend, an der Station anzukommen, begrüßt zu werden und Hilfe angeboten zu bekommen.
Andererseits beobachte ich, dass bei guten
Wegeleitsystemen und benutzerfreundlichen, interaktiven Informationsdisplays an den Stationen, die Menschen sich sehr gut alleine zurechtfinden. Sozialpolitisch sehe ich jedoch die fortschreitende
Automatisierung sehr kritisch, da Arbeitsplätze verloren gehen.

Welches Verhältnis hast Du zum Warten an einer Verkehrsstation?
Ich bin ungeduldig und warte ungern. Allerdings sehe ich die Verkürzung der Wartezeiten eher in der Stadt als auf dem Land, dort wird man um das Warten nicht herumkommen und muss dann die Stationen auch entsprechend konzipieren. In den urbanen Ballungszentren dagegen läuft alles auf schnelle Taktung hin, um Wartezeiten immer mehr und mehr zu reduzieren. Intermodal, schnell, flüssig, einfach, ausleihen oder nicht und weiterfahren, so sehe ich die Zukunft eines Verkehrsknotenpunktes.

Du lebst und arbeitest in Wien, bist in New Orleans geboren und regelmäßig in den USA, was sind die grundlegenden Unterschiede in der europäischen und amerikanischen Verkehrskonzepten?
Die Städteplanung in den USA ist stark vom Autoverkehr beeinflusst, der intensive Ausbau des öffentlichen Verkehrs war in Europa  viel früher ein Thema. Die USA verfügten früher sogar über ein gut ausgebautes Straßenbahnnetz, welches in den 30er Jahren der Lobby von Firestone Reifen und Bussystemen weichen musste und fast vollständig abgeschafft wurde. Auch seitens der damaligen Regierungen floss viel Geld in die Schaffung  eines „Autolandes“. Die Rückbesinnung auf den öffentlichen Verkehr ist eine Entwicklung der letzten Jahre.
In New Orleans wurden in den letzten 10 Jahren zwei ganz neue Straßenbahnstrecken ausgebaut, die alten Routen wieder hergestellt bzw. renoviert. Diese Infrastrukturen finden großen Anklang in der Bevölkerung.
Derartige Vorhaben in einem großen Land, wie den USA flächendeckend umzusetzen, ist ein Projekt, das sich noch sehr weit in die Zukunft ziehen wird. Im Bereich Mobilität und öffentlicher Verkehr ist Europa den USA weit voraus, Europa agiert auf einem wirklich hohen Niveau und man legt über bloße Funktionalitäten und Effizienz hinaus, auch viel Wert auf Komfort, Design, Architektur und Nachhaltigkeit.

 

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