new environments of mobility

Mobilität ist ein Teil des Habitus’

Barbara Schmelzer Ziringer

Forscherin, Lehrende f. Kulturwissenschaft, Gender Studies, Modedesign

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Was machst du beruflich?
Ich bin Forscherin und Lehrende in den Bereichen Kulturwissenschaft, Gender Studies und Modedesign. So ist mein Buch Mode Design Theorie ein interdisziplinäres Lehr- und Handbuch geworden, das meine
Arbeitsweise gut verdeutlicht.

Wie bist du zu unserem Treffpunkt gekommen?
Zum Flughafen in Berlin habe ich ein Taxi genommen, vom Flughafen in Wien habe ich den CAT und danach die U-Bahn genommen. Ich fahre gerne mit dem Taxi, weil ich kein Auto besitze und bezahle lieber den Fahrern und Fahrerinnen das Geld, denn ich spare mir sowieso mehrere hundert Euro für eine Autoversicherung und die Instandhaltung – es ist eine andere Form von Car Sharing.

Wie bist du im Alltag unterwegs?
In Berlin bin ich im Alltag mit dem Fahrrad unterwegs. Mein Fahrradfahren gehört zu meinem Leben, zu der Idee, dem Bild, das ich von mir habe. Ich bin beruflich so viel mit dem Flugzeug unterwegs, dass ich als Ausgleich das Radfahren für meine Selbstwahrnehmung brauche. Es vermittelt mir nicht nur das Image sportiv zu sein, im Grunde bin ich es auch beim Radeln selbst wenn ich sonst keinen „richtigen“ Sport
betreibe. Und ich fahre auch oft mit dem Zug.

Wie wichtig ist Privatsphäre beim Reisen?
Für mich ist die Privatsphäre sehr wichtig. Die Toilettenbereiche auf Flughäfen und Bahnhöfen illustrieren den Mangel an Privatheit
eindringlich. Heute Morgen, hat sich eine Frau coram publico auf der Flughafentoilette ausgezogen, samt BH, weil es so heiß war und sie sich erfrischen und umziehen wollte. Ich fand sie cool, aber es ist
grundsätzlich in gewisser Weise auch erniedrigend, wenn für grundlegende körperliche Bedürfnisse in öffentlichen Räumen eigentlich kein geeigneter Ort zur Verfügung steht. Jede öffentliche Toilette müsste über mindestens zwei WCs, die ein integriertes Waschbecken haben, verfügen.

Es gibt zu diesem Thema von der Architektin Denis Scott Brown einen Text mit dem Titel Planning the Powder Room:….there are some
areas where, in the nature of our society, personal experience is
impossible for the male architect, and feedback from the public
unlikely. Such an area is the ladies´powder room…“
Ja, natürlich widerspiegelt sich in der Gestaltung der Toiletten die
Genderthematik und die Respektlosigkeit und Unwissenheit gegenüber „weiblichen“ Notwendigkeiten und Ansprüchen. Die biologistisch
vereinnahmten Bedürfnisse von „Frauen“ sind anders als jene von
„Männern“, die hauptsächlichen Probleme, wie zu kleine, enge und ungepflegte Räumlichkeiten betreffen aber alle Geschlechter
gleichermaßen.

Hast du beim Reisen bevorzugte Outfits, die du immer trägst?
Ja, ich habe einen Reisemantel und ich reise in einer Jogginghose. Ich habe mich heute auch unterwegs umgezogen. Viele tauschen ihr Reisegewand gegen ein anderes Outfit bereits im Flugzeug, wie ich beobachtet habe. Auch die Schuhe sind wichtig. Es gibt diese eingerollten Ballerinas mit denen die Füße nicht mehr kalt werden und wenn
jemand in High Heels unterwegs ist, kann man kurz vor dem Beinbruch, diese Ballerinas auspacken und bequem weiter laufen. Mobilität und Kleidungswechsel sind ein großes Thema.

Wie stellst du dir deine Mobilität in zwanzig Jahren vor?
Die Frage ist doch eher, wie mein Weg in zwanzig Jahren ausschauen würde und die Antwort lautet, dass es schön wäre, wenn jeder Mensch überall auf dieser Welt, auf direktem und sicheren Weg, dorthin
kommen könnte, wohin er möchte – unabhängig von seiner oder ihrer Herkunft. Diese Frage ist keine technologische, sondern eine politische, wie wir gerade an Donald Trumps Mauerbau-Plänen sehen. Aus der technologischen Perspektive gibt es für mich keine großen Wünsche, außer, dass ökologische Kriterien an erster Stelle stehen müssen. Wir können jetzt fliegen, was wollen wir mehr?! Dieser Blick auf die Welt war bis vor kurzem den „Göttern“ und „Göttinnen“ vorbehalten und nun ist dieser mit allem Komfort menschenmöglich.

Ist Reisen ein Menschenrecht?
Von der politischen Vision her ist das noch zu etablieren: Weltpässe, weil wir Bürger und Bürgerinnen dieser Welt sind. Am Thema der
Mobilität lassen sich die unzähligen Ausgrenzungsszenarien und
-strategien gut analysieren und die massiven Konsequenzen, die sie
bewirken, aufzeigen. Mobilität betrifft weltweit jede und jeden, über alle Gesellschaftsschichten hinweg und durch alle Lebensabschnitte und
deshalb ist dieses Thema so ungemein spannend, genau so wie die
Gender Studies oder Mode.

 

 

 

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