new environments of mobility

Mobilität heißt für andere mitdenken

Tomasz A. Burghardt

Architekt

www.ostertagarchitects.com

„Seit wann fährst du Rad?“
„Ich habe mein Studium als Fahrradbote finanziert. Ich habe diesen Job sehr geliebt, weil er mir die Freiheit gegeben hat, mich in der Stadt zu bewegen und jeden Tag neue Ziele anzupeilen, dadurch bin ich an Orte in Wien gekommen, die ich sonst niemals gesehen hätte. Als Bote lernt man rasch, wie eine Stadt funktioniert, wie sich die Menschen bewegen.
Immer wenn ich zur Toilette gegangen bin habe ich den Stadtplan mitgenommen und mir Straßennamen eingeprägt, so lange bis ich irgendwann die Stadt auswendig gelernt hatte.“

„Kannst du deine Erfahrungen als Fahrradbote bei deiner Arbeit als Architekt einbringen?“
„Ja, ich habe z.B. die Fahrradgarage am Westbahnhof mit 400 Stellplätzen für Pendler/innen, dem ersten Bauwerk dieser Art in Wien gezeichnet. Ich hoffe sehr, dass die Garage ein Erfolg wird.“

„Warum fährst du mit dem Rad?“
„Weil es schön ist, den Fahrtwind, die Freiheit und die Unabhängigkeit zu spüren. Früher war auch meine persönliche Fitness ein Kriterium, aber man muss sich schon klar sein, dass das Radfahren in der Stadt nicht wirklich gesund ist.“

„Wann ist es anstrengend mit dem Rad in Wien unterwegs zu sein?“
„Beim Radfahren musst du immer für die anderen mitdenken, du musst die Augen vorne, hinten und seitlich haben und bedenken, ob der Autofahrer gerade einen schlechten Tag hat oder dass er dich übersehen könnte. Ich habe schon einige Unfälle überlebt, man lernt nicht nur mit den Augen sondern auch mit dem Gehör zu fahren.
Das beste Lehrstück sind Fußgängerzonen, wo von frühmorgens bis zum Vormittag alle zufahren können: LKWs, PKWs, Radfahrer und Fußgänger… es funktioniert, weil wirklich alle aufeinander achten.“

„Fährst du auch im Winter mit dem Rad in die Arbeit?“
„Ich wohne in Wien, auf der Hohen Warte, und ich fahre jeden Tag mit dem Rad zur Arbeit – ohne Radgewand, denn bis zu 15 Minuten schwitzt man nicht, auch bei großer Anstrengung, und mein Weg dauert nicht länger. Nur wenn es sehr kalt ist, fahre ich mit der Straßenbahn mit einem Monatsfahrschein. Die Linie 37 ist die gepflegteste in ganz Wien, glaube ich. Sauberkeit ist mir sehr wichtig und ich mag nicht, wenn Leute laut und rücksichtlos sind in der Straßenbahn. Auch in den Öffis muss man aufeinander Rücksicht nehmen.“

„Welche Radinfrastrukturen braucht es in der Stadt?“
„Ich brauche sehr wenig, um in der Stadt voran zu kommen. Ich brauche keine Radwege, keine Architektur etc. Ich brauche nicht alles organisiert, mir kommt da die Spontanität abhanden. Man muss improvisieren können. Ich brauche auch alle diese elektronischen Tools nicht. Aber das ist mein persönlicher Zugang.“

 

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