new environments of mobility

Ich kaufe eine Fahrt und keine Werbetour

Brigitte Amort & Florian Frey

Amort; Architektin und Autorin
Frey; Industriedesigner

www.studiobaff.com

Wie seid ihr hierher gekommen?
Florian: Zu Fuß.
Brigitte: Speziell in den Sommermonaten fahre ich nicht gerne mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Da empfinde ich die dortige Beengtheit als besonders unangenehm.

Ist diese Situation aus eurer Sicht in anderen Städten besser?
F: In asiatischen Metropolen wie Tokyo ist es in öffentlichen Verkehrsmitteln trotz enormer Massen von Menschen sehr ruhig. In Peking ist die Situation ähnlich, es gibt keine Hektik, alle sind gelassen. Hier im Westen hingegen wird gedrängelt, alles muss sehr schnell gehen und jeder will als Erster ein- oder aussteigen.

Das Thema unserer Forschungsarbeit „New Environments of Mobility“ sind Wartebereiche für den öffentlichen Verkehr. Wie schätzt ihr die Dimensionierung und Ausstattung vorhandener Wartebereiche ein?
B: Ich finde die Sitzbereiche sind generell unterdimensioniert und es gibt in den Wartebereichen keinen Platz um beispielsweise Handtaschen oder Einkaufstaschen hinzustellen. Wenn man einen Sitzplatz ergattert hat man Glück, der ist dann meistens sehr eng und unkomfortabel. Es wäre manchmal sehr angenehm Taschen abstellen zu können und zwar nicht am Boden. Ich würde mir einen gut dimensionierten Witterungsschutz und Abstellmöglichkeiten oder Haken zum Aufhängen von Taschen in den Wartebereichen wünschen.

Werbung und Verkehrsstation verträgt sich das? Oder wieviel ist möglich?
F: Ich will den Kontext, in dem ich mich bewege, wahrnehmen können und nicht permanent von Werbung geblendet werden. Wenn ich ein Ticket kaufe möchte ich nicht beschallt werden, schließlich kaufe ich eine Fahrt und keine Werbetour. Warum sollte ich sonst für ein Ticket bezahlen? Sao Paolo finde ich diesbezüglich beispielhaft, im gesamten öffentlichen Raum gibt es absolut keine Werbung, die Stadt ist werbefrei. In Peking hingegen gibt es Displays wo auch Kochshows präsentiert werden, aber ohne Ton, das wirkt nicht so vereinnahmend. Da kann man sich noch mit was anderem beschäftigen.

Haltet ihr die architektonische Individualisierung an Verkehrsstationen für einen wichtigen Aspekt in der Planung?
B: Wir leben in einer standardisierten Welt. Alles ist gleich, egal wo ich mich befinde. In jeder Stadt gibt es in der Fußgängerzone dieselben Geschäfte mit derselben Einrichtung, demselben Sortiment, einen „Einheitsbrei“. Wozu soll ich an einen anderen Ort fahren, wenn es überall gleich aussieht? Das ist strikt und einfach langweilig. Ich persönlich finde es hingegen spannend das Charakteristische, das Besondere eines Ortes kennenzulernen, die einzigartige Architektur, die Kultur, das Essen. In der Lebensmittelbranche ist diesbezüglich eine gewisse Umkehrtendenz erkennbar: Regionalität und Tradition erfahren eine neue Interpretation und besonders im Tourismus erkennt man hier ein Potenzial für die Zukunft. Ich persönlich fände eine architektonische Individualität sehr wichtig und wünschenswert.

Was würdet ihr euch für die Zukunft wünschen?
F: Wenn wir über Wartebereiche an Verkehrsstationen diskutieren, sprechen wir über den öffentlichen Raum. Ein Thema, das ich höchst interessant finde. Die Stationen sind hier ein integraler Bestandteil, die entsprechend ihrer komplexen Anforderungen zu betrachten und zu behandeln sind. Gut funktionierende Stationen müssen mehr können als nur eine Hülle zu bieten, sie müssen für den Benutzer spannende Räume und Perspektiven bieten. Kontemplative Räume zum Schauen und zum Entdecken für alle!

 

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