new environments of mobility

Digital braucht Interaktion

Alex Diebalek

Architekt

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Was machst du beruflich?
Ich bin Architekt im BĂŒro ostertag Architects.
Derzeit arbeiten wir u.a. am Forschungsprojekt „New Environments of Mobility“, das die Planung modularer Warteraumkonzepte unter BerĂŒcksichtigung ökonomischer, ökologischer sowie sozialer
Gesichtspunkte („Triple bottom line“) zum Ziel hat. Ich denke, dass, sich vor allem das Thema „Nachhaltigkeit“ in den nĂ€chsten Jahren zu einer zentralen Planungsvoraussetzung entwickeln wird und dieses Forschungsprojekt einen wertvollen Beitrag zu diesem Thema leistet.

Wie bist du im Alltag unterwegs?
Ich bin hauptsÀchlich mit den öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs und nutze, wenn ich es eilig habe, diverse Carsharing- Dienste.

Was machst du wÀhrend du auf ein Verkehrsmittel wartest?
Wenn ich nicht alleine unterwegs bin unterhalte ich mich, das Internet verwende ich eher nicht. Ich finde es unnötig, man muss nicht immer
online sein, noch vor 10 Jahren konnte man auch nur telefonieren und SMS schreiben mit dem Handy. Bei Zugfahrten ist mir das Internet allerdings wichtig, da ich die Zeit dort auch zum Arbeiten nutze.

Arbeitest du beim Warten?
In Gedanken…

 „2030 gibt es Warten nicht mehr!“, ist die Zukunftsvision eines MobilitĂ€tsbetreibers.
Ich glaube das nicht. Warten ist wie meditieren. Es ist schon gut, wenn man mal nichts machen muss und ein paar Minuten auf die Straßenbahn wartet.

WĂ€re Musik an der Station eine Option fĂŒr dich?
Kommt immer drauf welche Musik. Manchmal ist es aber auch
angenehm keiner stÀndigen Beschallung ausgesetzt zu sein.

Welchen Stellenwert hat Kunst im öffentlichen Raum fĂŒr dich bei der Planung von Verkehrsstationen?
Ich interessiere mich sehr fĂŒr visuelle Medien, aus meiner Sicht mĂŒssen an diesen Orten interagierende Konzepte umgesetzt werden. Das entspricht der Dynamik einer Station. Ein simples Bild ist uninteressant.

In welcher Beziehung stehen interagierende visuelle Konzepte und
Architektur?
Die Planer mĂŒssen die RĂ€ume dafĂŒr entwickeln und OberflĂ€chen positionieren, die digital bespielbar sind. Das viel komplexere Thema ist aber die Bespielung, die Entwicklung von (guten) Inhalten. Welcher Promi heute Geburtstag hat, ist ja ziemlich uninteressant. Werbung zumeist auch, aber es gibt Ausnahmen! Eine schwedische Werbeagentur hat fĂŒr ein Haarshampoo eine großartige Bahnsteig-Kampagne entwickelt. Es wurde ein Spot produziert, bei dem das Haar des Models im Wind zerzaust, wenn der Zug in die Station einfĂ€hrt und sich dann wieder legt. Die Screens, auf denen der Bewegtbild-Content lĂ€uft sind mit Sensoren ausgestattet, die immer dann reagieren, wenn sich eine U-Bahn nĂ€hert. So entsteht der ĂŒberraschende Effekt, dass sich das Haar des Models genau dann bewegt, wenn tatsĂ€chlich Fahrtwind aus den U-Bahnröhren auf dem Bahnsteig spĂŒrbar ist – interagierender Content im besten Sinne. Werbung an Orten, wo nicht damit zu rechnen ist, unter
Einbeziehung der Umgebung, schafft eine spannende Situation.

Im Gegensatz dazu wurde am Bahnhof Malmö in Schweden die
Werbung komplett eliminiert. Das ist eine durchaus umstrittene Entscheidung der Stadtregierung. Anstelle von Werbung, gibt es eine sehr schöne Video-Installation, der KĂŒnstlerin Tania Ruiz GutiĂ©rrez, mit dem Namen „
Elsewhere“, die aus 46 Projektionen besteht und sich ĂŒber 360 Meter entlang des Bahnsteiges erstreckt. Langsam vorĂŒberziehende Landschaften an den WĂ€nden, vermitteln den wartenden Menschen das GefĂŒhl, aus den Fenstern eines Zuges zu blicken und transformieren den Bahnsteig selbst in ein bewegtes GefĂ€hrt.
Die Herausforderung einer medialen, kĂŒnstlerischen Bespielung ist es, eine Geschichte so zu dimensionieren, dass sie auch wĂ€hrend einer kurzen Fahrt bzw. bei einem kurzen Aufenthalt Sinn macht, da braucht es ein situativ angepasstes Storytelling, neue Formate und
Choreografien.

MĂŒssten bei einer interagierenden Installation, die Inhalte oft
gewechselt werden?
In regelmĂ€ĂŸigen AbstĂ€nden schon, aber nicht wöchentlich, es könnte ja auch ein Themenzyklus visualisiert werden.

Sollten eine Verkehrsstation, ein Bahnhof aus architektonischer Sicht, einen regionalen Bezug haben?
Das ist fĂŒr mich eine sehr weitlĂ€ufige Frage. Was bedeutet regionaler Bezug im Kontext von GlobalitĂ€t? Die „Wiener AmpelmĂ€nnchen“
(Anmerkung: In Wien und anderen StĂ€dten Österreichs gibt es seit 2015 an einigen FußgĂ€ngerkreuzungen AmpelpĂ€rchen in unterschiedlichsten Paar-Kombinationen) finde ich sehr gut. Aber ist das RegionalitĂ€t? Vielleicht ist dieser Begriff im Kontext von GlobalitĂ€t ein anderer geworden und auch mobiler geworden und was bedeutet regional
ĂŒberhaupt in Bezug auf MobilitĂ€t? Der regionale Charakter einer
Station lĂ€ĂŸt sich durch die Wahl der Materialien oder die kĂŒnstlerische Interpretation und Darstellung einer lokalen Handwerkstechnik darstellen. Diese Inhalte können medienkĂŒnstlerisch sehr zeitgemĂ€ĂŸ und auch diskursiv visualisiert werden.

 

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